Brünig

 17-jährige Durststrecke reisst

Samuel Giger sorgte für den ersten Nordostschweizer Triumph auf dem Brünig seit 17 Jahren. Im einem Ottenberger Klubduell bezwang er Domenic Schneider zu Beginn der zweiten Minute mit Kurz. Topfavorit Fabian Staudenmann fiel mit zwei Gestellten schon am Morgen aus der Entscheidung. Schwingerkönig Joel Wicki musste den Wettkampf zur Halbzeit aufgeben.

Die Ostschweizer stellten beide Schlussgangteilnehmer, als Team aber waren die Berner am Stärksten, so dass um die Kränze auch zu Direktduellen kam. Auch belegten sie mit Adrian Walther und Fabian Staudenmann die Ränge zwei und drei hinter Sieger Giger. Die Innerschweizer starteten verheissungsvoll, mussten sich am Ende aber mit fünf Kränzen zufriedengeben und konnten um den Schlussgang nicht eingreifen. So schnell wie das Wetter änderten sich die Verhältnisse beim Bergklassiker auf dem Brünig. Ganz oben aber standen zum ersten Mal seit Stefan Fausch (2006) die Nordostschweizer Schwinger. Dabei sah es nach dem ersten Gang überhaupt nicht nach einem Ostschweizer Siegeszug aus, nicht einer ihrer Eidgenossen konnte den ersten Gang gewinnen.

Thurgauer Endduell
Samuel Giger stellte im Anschwingen in einem interessanten Duell gegen Seriensieger Fabian Staudenmann. Die folgenden Duelle gewann er alle. Verteidigungskünstler Jan Wittwer, der Emmentaler Christian Gerber, ex. Teamkamerad Curdin Orlik und auch der Luzerner Joel Ambühl wurden eine Beute des Thurgauers. Im vierten Gang übernahm er die Führung, nachdem die beiden Halbzeitführenden Matthias Aeschbacher und Pirmin Reichmuth, die beide die ersten drei Gänge gewannen, im Direktvergleich stellten. Domenic Schneider sorgte dann mit dem Erfolg im fünften Gang über Matthias Aeschbacher gar für einen reinen Thurgauer Schlussgang. Der dreifache Kranzfestsieger der heurigen Saison stellte zu Beginn mit Michael Ledermann. Dann bezwang er Lukas Jäggi, Melchior Huber und Kilian von Weissenfluh mit seiner gewohnt explosiven Manier. Im Schlussgang aber hatte der dreifache Kranzfestsieger der laufenden Saison gegen Giger nichts zu bestellen und fiel deswegen auf Rang vier zurück.

Wicki musste Forfait geben
Am Morgen dominierten Pirmin Reichmuth, Joel Wicki und Matthias Aeschbacher den Bergklassiker. Reichmuth reihte drei Siege aneinander. Nach dem gestellten gegen Matthias Aeschbacher verlor er strittig gegen Bernhard Kämpf. In diesem Duell waren die beiden Schwinger irritiert, weil sie vom Platz nebenan ein Halt wahrnahmen, dass aber nicht ihr Platzkampfrichter aussprach. Joel Wicki legte unwiderstehlich los und bezwang sowohl Armon Orlik als auch Bernhard Kämpf. Gegen den Berner Juwelen Michael Moser musste er dann ein Unentschieden in Kauf nehmen, ehe er wegen einer Ellbogenverletzung den Wettkampf nicht fortsetzen konnte. Wie schwer die Verletzung ist und wie lange der Landwirt ausfällt, ist noch unklar.  Aeschbacher gewann ebenfalls souverän die ersten drei Gänge. Mit dem Unentschieden gegen Reichmuth und der raschen Niederlage gegen Schneider fiel auch der Schlussgangteilnehmer vom ESAF in Pratteln aus der Entscheidung.

Favoriten strauchelten früh
Während das Trio Aeschbacher, Reichmuth und Wicki nach dem Mittag scheiterte, mussten andere Titulare schon am Morgen die Siegesambitionen begraben. Fabian Staudemann verpasste den achten Kranzfestsieg der laufenden Saison durch ein zweites Unentschieden vor der Mittagspause gegen Joel Ambühl. Adrian Walther stellte mit Damian Ott und Matthias Herger und konnte nach drei Gängen den Vorjahressieg ebenfalls nicht mehr wiederholen. Ihre grosse Klasse bewiesen sie aber am Nachmittag mit drei souveränen Siegen. Überhaupt waren die Berner als Team sehr stark, was dazu führte, dass es zu Direktduellen um die Kränze kam. So stellte Routinier Bernhard Kämpf mit dem jungen Zäziwiler Michael Moser. Sie sicherten sich aber beide den Kranz. Jan Wittwer sicherte sich Eichenlaub über Lukas Renfer, andere Duelle wie zwischen Ruedi Roschi und Severin Schwander endeten gestellt und brachten beide ums Eichenlaub. Insgesamt gewannen sie 11 der 20 abgegebenen Kränze.

Zahlreiche Eidgenossen scheiterten
Bei den Innerschweizern fehlte als sich Reichmuth zurückgebunden sah und Wicki ausfiel, ein Leader. Fünf Kränze sind eine mässige Beute. Positiv in Erscheinung traten insbesondere die beiden Luzerner Joel Ambühl und Urs Doppmann. Noe van Mesel hatte am Ende Pech. Die Nordostschweizer waren mit vier Kränzen mannschaftlich das schwächste Team. Der Sieg von Samuel Giger dürfte über das mässige Kranzresultat entschädigen. Armon Orlik und Damian Ott schwangen solide, Christian Biäsch und Mario Schneider hatten zuletzt übermächtige Gegner. Eidgenossen wie Martin Hersche, Fabian Kindlimann, Martin Roth und Roger Rychen konnten nie vorne mittun. Marco Good konnte nach der Niederlage im fünften Gang gegen Michael Moser nicht mehr um Eichenlaub kämpfen und Marcel Räbsamen musste sich schon im Anschwingen am Kopf nähen lassen und gab den Wettkampf wie Joel Wicki am Mittag auf.

Kein zweiter Brünig-Kranz für Rychen
Die Enttäuschung stand Roger Rychen nach dem Fest ins Gesicht geschrieben. Beim Gespräch fühlte er sich dem Kranz viel weiter weg als nur einen Viertelpunkt. Dennoch zeigt es ihm auf, dass immer erst am Ende eines Wettkampftages abgerechnet wird und es trotz nicht optimalen Gängen machbar ist, sich am Schluss in die möglichen Kranzränge zu schwingen. Bereits der Start in den Tag verlief nicht nach Wunsch. Gegen den Schlussgangverlierer vom ESAF 2022 in Pratteln, Matthias Aeschbacher, zog er eine erste Niederlage ein. Mit dem Sieg gegen den Nidwaldner Jonas Durrer kämpfte er sich ins Wettkampfgeschehen zurück. Gegen den Berner Oberländer, Reto Thöni, fand Rychen kein Rezept. Unglücklich liess er sich die Schwingweise seines Gegners aufdrücken. «Ich habe zuviel Risiko im falschen Moment gesucht und musste das mit einer nicht zwingenden Niederlage bezahlen». Nach der Mittagspause gelang ihm im Duell mit Nicolas Zimmermann eine Maximalnote ehe er es mit dem «alten Berner Fuchs» Thomas Sempach zu tun bekam. «Zuerst habe ich vorsichtig geschwungen, denn ich wollte dem Routinier nicht ins offene Messer laufen». Rychens Vorhaben, ihn im Verlaufe des Ganges auszukontern, fruchtete nicht und am Ende teilten sie sich die Punkte. Der schöne Gang zum Abschluss, in welchem dem Molliser ein herrlicher Plattwurf gegen den Oberländer Leandro Nägele gelang, nahm er denn auch mit auf den Heimweg. Dieser Abschlusssieg wird ihm dabei helfen, das Geschehene auf dem Brünig zu «verdauen» und lässt ihn optimistisch ans nächste Bergfest auf der Schwägalp und dem Saisonhöhepunkt, dem Unspunnen, schauen. (JHE/TAH)

Festplatz Brünig (Foto: Jakob Heer).