ESAF-Pratteln
Dritter ESAF-Kranz für Roger Rychen
Beim Nordostschweizerischen Schwingerverband NOSV hies seitens des Vorstandes, dass nach 15 Jahren der Königstitel als Vorgabe in die Nordostschweiz zurückzuholen sei. Dies war nach drei Gängen ausgeträumt, noch früher als vor drei Jahren in Zug und stellte eine herbe Enttäuschung gar. Dies muss in den kommenden Tagen und Wochen analysiert werden. Waren die Vorgaben falsch, oder konnten die Schwinger mit dem Druck nicht umgehen?
Die wagemütige Königsvorgabe
Armon Orlik und Werner Schlegel wurden als Königskandidaten wohl zu hoch eingestuft. Schlegel verlor schon den ersten Gang, Orlik war durch die Niederlage gegen Christian Stucki im dritten Gang vorzeitig zurückgebunden. Bei Samuel Giger kann man nicht davon sprechen, er hätte nicht zu den Königsanwärtern gezählt, gewann er doch 2021 und 2022 jeweils am meisten Kranzfeste. Er ging viel eher als der Topfavorit ins Fest. Doch es passierte, dass was man prohezeite, werde ihm diesmal nicht mehr passieren, dass er wie in Zug am Druck zerbreche. Wieder war er schon nach dem dritten Gang ausgeschaltet, wieder gegen nicht übermächtige Gegnerschaft. Vor drei Jahren war es René Suppiger, so war diesmal Joel Strebel, Gegner, die ihm vom Schwingstil her eigentlich liegen müssten.
Mit dem Kranzresultat von zehn Kränzen konnte das Abschneiden im letzten Gang noch korrigiert werden, nachdem es nach sieben Gängen noch düster aussah. Dass der schlechte Start sich auch in den Katakomben des NOSV niederschlug, bestätigte auch Kranzgewinner Roger Rychen. „Die Stimmung war schon etwas gedrückt. Nachdem einige unserer Trümpfe scheiterten, wollten Samir Leuppi und ich die Kohlen aus dem Feuer holen. Dies gelang uns nur teilweise.“ Denn: Leuppi ging nach gutem Start am Ende gar leer aus.
Sportlich hochstehend
Das Eidgenössische Schwingfest geht sportlich als hochinteressant mit vielen Wechseln an der Spitze in die Annalen ein. Am Ende mit dem ersten Königstitel durch Joel Wicki für den Kanton Luzern und den zweiten für die Innerschweiz nach Heinrich Knüsel (1986). Während die Berner ihrer Vormachtsstellung mit 17 Kränzen und einer Schlussgangteilnahme gerecht wurden, enttäuschten die Nordostschweizer ganz zuvorderst. Ihr bester war letztlich Domenic Schneider. Die Innerschweizer hatten mit Joel Wicki und Pirmin Reichmuth nur zwei heisse Eisen im Feuer, die aber stachen vollends. Als Team mussten die Zentralschweizer jedoch eine Niederlage hinnehmen, derweil die Nordwestschweizer mit sieben Kränzen über ihren Erwartungen schwangen. Topfavorit Samuel Giger lies schon im Anschwingen gegen Fabian Staudenmann Punkte liegen. Nach zwei Gängen standen Schwinger wie der amtierenden Schwingerkönig Christian Stucki, Pirmin Reichmuth, Armon Orlik, Joel Strebel, Nick Alpiger, Andi Imhof, Matthias Aeschbacher, Adrian Odermatt mit zwei Siegen da.
Im dritten Gang verloren die Ostschweizer Armon Orlik (gegen Christian Stucki) wie auch Samuel Giger (gegen Joel Strebel). In einem mitreissenden Duell siegte Pirmin Reichmnuth gegen Matthias Aeschbacher ein drittes Mal. Auch Stefan Ettlin, Sven Hofer und Adrian Odermatt siegten ein drittes Mal. Im vierten Gang wurden die Innerschweizer Königsträume noch grösser, bezwang doch Pirmin Reichmuth im Regen Schwingerkönig Christian Stucki. Reichmuth und der Baselbieter Adrian Odermatt wiesen als einzige Athleten lauter Sieg auf. Mit drei Siegen auf der Verfolgung befanden sich Joel Wicki, der Roger Rychen bezwang, aber auch Armon Orlik , Matthias Aeschbacher, Joel Strebel, Fabian Staudenmann, Kilian Wenger, Thomas Sempach und Samir Leuppi.
Reichmuth und Wicki
Im fünften Gang übernahmen die Innerschweizer endgültig das Zepter. Pirmin Reichmuth bezwang auch Domenic Schneider, Joel Wicki fügte Adrian Odermatt die erste Niederlage zu. Dahinter lauerten zahlrieche Berner, aber auch die Nordwestschweizer David Schmid, Nick Alpiger, Joel Strebel oder Tobias Widmer. Nebst Schneider (Niederlage) musste mit Samir Leuppi, der mit Remo Käser stellte, ein weiterer Nordostschweizer von der Spitze Abschied nehmen. Im sechsten Gang war es soweit – auch der letzte verbliebende Schwinger mit lauter Sieger, der Zuger Pirmin Reichmuth musste untendurch. Dies gegen Fabian Staudenmann. Mit dem Sieg über Matthias Aeschbacher übernahm Joel Wicki die Führung von Reichmuth. Des Weiteren wurde Christian Stucki entthront, der Aargauer Nick Alpiger fügte ihm die zweite Niederlage zu. Wicki lag zu diesem Zeitpunkt bereits einen halben Punkt voraus und schaffte es trotz eines Gestellten gegen Fabian Staudenmann in den Schlussgang. Als sein Gegner kristallisierte sich Matthias Aeschbacher heraus. Dies trotz zwei Niederlagen im Verlaufe des Wettkampfes. Der Emmentaler bezwang Adrian Odermatt. Pirmin Reichmuth verlor ein zweites Mal, dies gegen Bernhard Kämpf. Dies NOS-Schwinger hatten mit dem Festausgang zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu tun.
In einem auf Biegen und Brechen geführten Duell war bereits die 13. Minute angebrochen, ehe Wicki mit Ableeren übers Knie sich gegen Aeschbacher durchsetzte. Dies nachdem der Berner zuvor mehr vom Gang hatte, am Boden aber immer wieder los lies. Gemeinsam Zweite wurden Fabian Staudenmann, Nick Alpiger und der beste NOS-Schwinger Domenic Schneider, welcher zuletzt Bernhard Kämpf bezwang. Samuel Giger und Armon Orlik erreichten trotz gestellten Gängen den ersehnten Kranz, wie auch Werner Schlegel, Roger Rychen und Damian Ott.
Fünfer Delegation
Für den Glarner Verband waren fünf Personen in Pratteln im Einsatz (nebst einer riesigen Delegation Seitens des OK 2025 und vielen Fans.) Fridolin Beglinger amtete als Technischer Leiter für den NOSV in der Einteilung, welche von Stefan Strebel präsidiert wurde. Leider gelang es auch ihm nicht, dass es wieder einmal einen Ostschweizer König gab. Martin Leuzinger amtete auf Platz eins als Kampfrichter und Franz Freuler war als Betreuer der Glarner (anstelle von Leuzinger) im Einsatz. Im Sägemehl stand einzig Roger Rychen. Christian Pianta, ursprünglich dritter Ersatzmann, rückte nach den Ausfällen von Arnold Forrer und Thomas Koch zum ersten Ersatz auf. Zum Einsatz kam er wie schon 2019, wo er auch als Ersatzmann nominiert war, nicht. Im Kurzholz war Roger Rychen einsamer Kämper des Glarner Verbandes. Das liegt ganz bestimmt nicht am Molliser, dass es nicht mehr Vertreter aus dem Lande Fridolins am Start waren und er selber machte das beste daraus. Aber es muss in den nächsten Jahren im sportlichen Sektor sicherlich aufwärts gehen im Glarnerland, will man als Team wieder breiter aufgestellt sein.
Welscher erster Tag
Roger Rychen startete gegen den Berner Seeländer Gnägi, gegen den er noch am Berner Kantonalen verlor. Diesmal holte er einen Gestellten heraus. „ Ich war besser auf ihn eingestellt. Letztlich machte ich aber zu wenig für eine Neun“, gab er sich selbstkritisch zur Note 8,75, die er für den Gestellten erhielt. Den Freiburger Christophe Baeriswyl bezwang der Glarner mit Lätz. Gegen den nächsten Romand, den Waadtländer Mikael Matthey hies das Rezept Kurzgriff/Lätz. Der Romand konterte die ersten Angriffe gefährlich und griff in der Folge mit Knietätsch selber an, was wiederum der Molliser zu kontern wusste. Im vierten Gang traf Rychen ein weiteres Mal auf Joel Wicki, dem späteren Schwingerkönig. Dieses Duell verlor er. „Nach dem ersten Tag hatte ich in etwa die gleiche Punktzahl wie 2016 und 2019, so lassen sich die drei Eidgenössischen Feste in etwa vergleichen. Insgesamt hat aber jeder ESAF-Kranz und jedes Fest etwas spezielles an sich.“
Schlüsselgang gegen Schwingerkönig
Im fünften Gang wartete der Luzerner Roman Fellmann. Dieses Duell gewann der Glarner mit Gammen rechts. „Ich betrat morgen um 7,45 Uhr als erster den frisch hergerichteten Platz und konnte den zweiten Tag eröffnen. Dies genoss ich richtig“, so der ESAF-Kranzgewinner. Dann wartete der Schwingerkönig von 2010, Kilian Wenger. E war ein von Vorsicht geprägtes Duell, wo Wenger einmal mit Hüfter dem Sieg näher war. „Für mich war dies der Schlüselgang des Festes. Im Nachhinein ging ich aber ein bisschen zu wenig Risiko ein.“ Mit dem Sieg über den nächsten Berner Oberländer Florian Aellen den er mit Kreuzgriff/Lätz bezwingen konnte, war er dem Kranz nahe. Mit 66,00 Punkten hätte ihm zuletzt gegen den Wiggertaler Joel Ambühl eine Neun zum kranzgereicht. Dies ergab es am Ende auch, doch er schwang nicht auf ein Unentschieden. „Auf einen Gestellten schwingen kann ich nicht, beide schwangen wir auf eine Entscheidung. Und beide hatten wir unsere Chancen.“ Nach einem packenden Duell waren beide kranzsicher, Ambühl ging mit einem Viertelpunkt weniger in dieses Duell, doch der Innerschweizer Sieger von 2019 reichte es knapp auch noch. „Ich wusste, dass es anschliessend vorüber ist, und investierte nochmals alle vorhandenen Kräfte“, so der Molliser zum achten Gang. Die Rückenproblemen, die ihn im Juli zu Festabsagen zwangen, spürte er nicht mehr. Sie hielten ihn auch nicht vom Ziel ab. „Ich glaubte immer daran, dass ich es in Pratteln schaffen werde. Und im Hinblick auf das nächste Eidgenössische in drei Jahren in seinem Heimatdorf sagte der Kranzgewinner. „Dafür braucht es für einen Glarner keine zusätzliche Motivation. Darauf freue ich mich schon jetzt.“ Rychen wurde in Pratteln nicht geschont, traf auf einen ehemaligen und dem neuen Schwingerkönig. Mit 75,00 Punkten erschwang er sich als einer von zehn Nordostschweizern den Kranz in Rang 8k.
Jutzeler-Brüder überflügelt
Rychen ist damit Historisches gelungen. Er hat mit dem dritten eidgenössischen Kranz das unvergessliche Bruderpaar Bruno und Peter Jutzeler überflügelt. Sie gewannen den eidgenössischen Kranz gemeinsam in den Jahren 1966 in Frauenfeld und 1969 in Biel. Rychen gewann nach 2016 in Estavayer-le-Lac und 2019 in Zug seinen dritten eidgenössischen Kranz. Noch erfolgreicher auf eidgenössische Ebene ist nur ein Glarner: Jakob Jogi Schlitttler, Er gewann 1929 in Basel, 1934 in Bern, 1937 in Lausanne, 1940 in Solothurn und 1943 in Zug insgesamt fünf eidgenössische Kränze. Der gebürtige Niederurner gewann aber nicht alle Kränze für die Glarner Farben, er wechselte im Verlaufe seiner Karriere berufsbedingt zum Schwingklub Zürich. Gemäss 100 Jahr Schrift des ESV gewann Schlittler nur den ersten Kranz unter Niederurnen, die anderen vier unter Zürich. So gesehen wäre Rychen mit drei Kränzen der erfolgreichste Glarner und der erfolgreichste Niederurner sowieso. Der Schwingklub Niederurnen wurde erst nach Schlittler Zeit (1946) gegründet. Schlitter war auch viel Jahre Technischer Leiter beim Schwingklub Zürich. Im Alter von 40 Jahren belegte er am Kilchberger Schwinget 1946 noch den dritten Schlussrang. (JHE)